



Nach Ecuador erwarteten mich Venezuela und seine Hauptstadt Caracas. Über Panama bin ich von Guayaquil aus um 23.00 Uhr angekommen und durfte gleich 60$ hinblättern, um ins Stadtzentrum zu gelangen: Der Flughafen liegt per Auto (normalerweise) 30 min ausserhalb der Stadt, vor 6 Monaten ist jedoch eine Brücke zusammengekracht, als direkte Folge dessen auch der Verkehr, sodass für die angesprochene Strecke jetzt bis zu 2.5 h benötigt werden. Dies liess die Preise steigen, sodass auch tagsüber 40$ fällig werden, verhandeln ist ausgeschlossen, will man sich nicht mit einem der Piratentaxis einlassen, bei welchen die Wahrscheinlichkeit, ausgeraubt zu werden, relativ hoch ist, und von welchen dir auch alle abraten.
Caracas ist Heimat von 5 Mio. Menschen und nicht gerade ein Bijoux: Angestrengt modern wirkende Hochhäuser und grosse Strassen überall; Sehenswürdigkeiten gibt es, abgesehen von Wäldern und Gebäuden, welche Stationen des Lebens von Simon Bolivar aufzeigen, dem venezuelanischen Landeshelden, welcher federführender Stratege hinter der Vertreibung der Spanier war und Befreier von Chile, Bolivien, Peru, Ecuador und v.a. Kolumbien und Venezuela, nicht viele. Wenn da nicht die Frauen wären; ich dachte schon Ecuador sei das Mass aller Dinge, aber ich wurde definitiv eines Besseren belehrt: Absolute Weltklasse, Venezuela stellt nicht umsonst die meisten Miss Universe und Miss World, und nicht umsonst wird um Schönheit ein solcher Kult gemacht wie hier. Und dass Caracas die Hochburg für plastische Chirurgie schlechthin ist, wird einem ebenfalls ständig vor Augen geführt...
Nicht nur die Frauen laufen immer rum, als ob sie gerade von einer Modeshow kommen würden, auch die Männer geben ihr Bestes, unglaublich viele Poser hier: Fahren mit alten, protzigen (aber zum Teil sehr schönen) Amigeländewagen und -schlitten herum, drehen die Musik voll auf, schreien statt reden, viele haben Marines-Frisuren (Seiten kahl, oben drauf ein Deckel...) und schauen dich an, als ob du ihnen eben die Freundin ausgespannt hättest...
Regiert wird Venezuela ja von Hugo Chavez, und dessen Gesicht ist, wie man es von totalitären Staaten her kennt (hier wird es einfach Sozialismus genannt), auch in Caracas omnipräsent (auf Plakaten wie 'Unser Führer heisst Irans Präsidenten Ahmadinedschad herzlich willkommen!' oder 'Mit der Jugend schaffen wir es!'). Er verteufelt den Kapitalismus und gibt ihm die Schuld am weltweiten Kindersterben, gleichzeitig verdankt Venezuela seinen relativen Reichtum der Ölindustrie, einer der wohl kapitalistischsten Institutionen überhaupt...
Die drei Nächte habe ich in einem Hotelzimmer für 15$ pro Nacht (billigstes Hotel weit und breit) und mit einigem Ungeziefer verbracht, am ersten Tag organisierte ich Hin- und Rückreise auf die Isla de Margarita, am zweiten Tag lief ich durch die Stadt und habe die wenigen baulichen und die vielen fleischlichen Sehenswürdigkeiten begutachtet. Ernährt habe ich mich in der nahen Areperia mit Arepas (eine Art Sandwich) und Cachapas (eine Art Omelette), die Abende verbrachte ich auf der Hotelterrasse zusammen mit zwei Mexikanern.
In meinem Reiseführer steht neben der Tatsache, dass Caracas als extrem gefährlich gilt (ich habe mein gäggeligäles Inca Kola Shirt und meine kurzen Hosen relativ schnell durch etwas Unauffälligeres ersetzt) , dass man diese Stadt entweder liebt oder hasst. Bei mir ist eher zweiteres der Fall, und so war ich nicht sehr traurig, als ich Caracas in Richtung Isla de Margarita verliess.
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